Corporate-Publishing-Herausforderung: Wie viel Corona darf und muss ins Magazin?
Autoren:
Tina und Rüdiger Straub,
Geschäftsführer Straub & Straub,
Hamburg/Stuttgart
Straub & Straub:
10 Leitlinien für die mittelfristige Blattplanung
Die Themenplanung für monatlich oder vierteljährlich erscheinende Print-Magazine und Mitarbeiterzeitungen stellt Publisher und Redaktionen in diesen Wochen vor eine besondere Herausforderung. Denn die Frage, wie sich Corona bis zum Sommer entwickelt, bestimmt maßgeblich die Themenauswahl: Reisetipps, Kultur- oder Gastro-Themen sind von den erwarteten Lockerungen abhängig. Corona-spezifische Themen liegen weiter nahe, würden aber bei einem Abflauen der Pandemie die Zielgruppen ermüden.
Hellseherische Fähigkeiten wären also angesichts der unklaren Entwicklung natürlich von großem Vorteil, insbesondere auch, weil die Pandemie das Land offenbar in Wellen und auch in unterschiedlicher regionaler Inzidenz-Ausprägung in Atem hält. So sind nationale Magazine besonders schwer zu planen. „Uns alle eint der Traum von Normalität. Aber das hilft natürlich bei der Blattplanung nur bedingt. Bei längerer Vorlaufzeit bis zum Erscheinen darf Planung aber kein Vabanquespiel sein“, sagen Tina und Rüdiger Straub von der auf Corporate Publishing spezialisierten Agentur Straub & Straub (Hamburg/Stuttgart).
Herausfordernd ist das Spannungsfeld zwischen dem tatsächlichen Lese-Interesse der Zielgruppen und den berechtigten Erwartungen der Unternehmen, in B2B-Magazinen für sie wichtige Corona-Themen auszuspielen. „Da geht es beispielsweise um vertriebliche Inhalte oder strukturelle Themen zu Prozesssteuerungen, die sich unter der Pandemie verändern. Das Unternehmen will seine Leserinnen und Leser informieren. Aber genau dort ist das Problem. Wer kann schon sagen, was morgen ist“, berichten die Geschäftsführer von Straub & Straub aus ihrem Agenturalltag. Eine beratungsintensive Zusammenarbeit zwischen Agentur und Kunde ist in diesen Tagen wichtiger denn je, um eine passgenaue Blattgestaltung zu garantieren.
Die Agentur hat für ihre Redaktionen Leitlinien entwickelt.
Hier die 10 Regeln zur Mittelfrist-Planung bei Corporate-Publishing-Produkten:
In dieser Zeit möchte jeder wissen, wie es mit Corona weitergeht. Aber generelle Prognosen sind zu vermeiden. Bei langfristigen Aussichten innerhalb einer Branche oder eines Themenfeldes lassen wir ausschließlich Experten zu Wort kommen. So können wir Akzente setzen.
Der weit überwiegende Teil aller Themen im Magazin hat keinen Bezug zu Corona. In diesen Texten finden auch bezugnehmende Wörter wie Corona, Lockerungen, Pandemie nicht statt.
In der Planung und in der Umsetzung konzentrieren wir uns zunächst auf diese Corona-freien Themen, gerne auch das Corona-freie Editorial/Vorwort. Erst dann setzen wir aus Gründen der Aktualität die Texte mit Corona-Bezug um und überprüfen sie nochmals unmittelbar vor Drucklegung.
Porträtieren wir voller Leidenschaft zum Beispiel auch Reiseziele, ohne dass wir darauf hinweisen, dass Reisen derzeit nicht möglich sind. Unsere Leserinnen und Leser wissen das und wir müssen sie nicht darauf hinweisen.
Überhaupt sind alle Sujets, die den Menschen jetzt guttun, bestgeeignete Themen: Neue Literatur, Streaming-Tipps, Hinweise zu Ernährung, Kochen und Familienleben, liebevoll geschriebene Porträts, lokale Themen, Geschichten mit historischem Bezug.
Jetzt gilt umso mehr: Wir machen schwere Kost leicht verdaulich. Überraschen wir durch neue Formate, Stilformen, Info-Grafiken, Bilderseiten.
Den Satz der Kunden „Wir müssen doch was zu Corona, zu unserer besonderen Situation machen“ kennen wir aus dem Tagesgeschäft. Ohne uns zu wiederholen: Müssen wir das wirklich? Hinterfragen wir die tatsächlichen Schnittmengen zwischen Corona und dem eigentlichen Inhalte-Schwerpunkt des Magazins!
Selbstverständlich vermeiden wir Corona auf dem Titel. Aktuelle Entwicklungen könnten das Heft bei einem langen Vorlauf überholen.
Im Service-Teil geben wir nur Tipps, die auch nach der Pandemie Gültigkeit haben.
Wir sind als Redaktion mutig und haben eine Meinung! In schwierigen Zeiten tut es gut, Orientierung zu erhalten. Nutzen wir so engagiert die Chance, dass wir in der Gunst der Leserinnen und Leser stehen.